Samstag, 2. August 2008

Aufmerksamkeit

Kunst machen, das setzt Aufmerksamkeit voraus. Aufmerksamkeit für Möglichkeiten, die einem offen stehen. Aufmerksamkeit für ein Motiv, ein Material, ein Werkzeug.

Natürlich bin ich nicht immer gleich aufmerksam. Wenn ich durch eine Straße gehe, durch die ich schon hunderte Male gegangen bin, nehme ich vieles vielleicht gar nicht mehr wahr. Wenn ich in einer fremden Stadt in einem fremden Land bin, beobachte ich viel intensiver. Ich erinnere mich noch gut, wie viele Details mir in meiner ersten Zeit in Peking immer aufgefallen sind, wenn ich mich herumtreiben ließ. Diesen besonderen Blick zu bewahren, ihn in den Alltag hinüber zu retten, das hält die Kreativität im Fluss.

Jetzt, nach fünf Jahren Peking, bin ich wieder zurück in Deutschland. Aber ich versuche Deutschland neu zu entdecken, mich nicht von der Vertrautheit einlullen zu lassen. Eine große Hilfe dabei ist ein Freund aus China, auch ein Künstler, der uns zur Zeit in Hamburg besucht. Wir schlendern zusammen durch die Stadt, er macht viele Fotos: Menschen auf der Straße, Alltagsszenen, Ornamente an den Häuserwänden, Graffiti, Strukturen von Mauerwerk, von Rost gezeichnete Schiffe ... Ich sehe Hamburg wieder neu, mit den Augen eines Fremden.

Ein Fremder zu sein, das kann eine große Bereicherung für die Sinne sein. Vielleicht ist es sogar das Geheimnis der Kunst, seiner Umgebung gegenüber eine gewisse Fremdheit zu bewahren.

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